Liste von Unfällen an der Eisenbahnunterführung Wilhelmstraße
Dieser Artikel listet all jene Unfälle an der Eisenbahnunterführung auf der Wilhelmstraße auf, die öffentlich dokumentiert wurden, etwa durch Berichte des Westfälischen Anzeigers oder Pressemeldungen der Polizei Hamm. Mit Stand vom Juni 2025 sind dies 32 Vorfälle.
Die Dunkelziffer dürfte ungleich höher liegen, insbesondere bei nicht vollendeten Unfällen, etwa wenn die Brücke lediglich touchiert oder durch Zurücksetzen noch gewendet wird.
Kontext
Seit etlichen Jahren kommt es an der Eisenbahnbrücke über die Wilhelmstraße direkt am Hauptbahnhof zu Kollisionen von Lastkraftwagen mit der Brücke. Drei Viertel der Vorfälle registriert die Polizei dabei auf der Westseite der Unterführung. [1]
Die Eisenbahnbrücke weist eine maximale Durchfahrtshöhe von 3,50 Meter auf den äußeren Fahrspuren (je eine stadtein- und auswärts) und 3,80 Metern auf der mittleren Fahrspur (stadteinwärts) auf. Diese Höhe wurde bei Errichtung der Brücke im Jahr 1925 noch von keinem Lastwagen erreicht,[1] heute ist sie nicht unüblich. Die zulässige Durchfahrtshöhe wird scheinbar regelmäßig ignoriert, da eine Umfahrung mit einem erheblichen Umweg verbunden wäre. So müssen nach Darstellung der Westfälischen Drahtindustrie bis zu 60 Zulieferer täglich Umwege zum Betriebsgelände aufgrund der Eisenbahnbrücke in Kauf nehmen.[2] Offenbar setzen einige Speditionen auch keine spezifischen Lkw-Navigationsgeräte ein, die vor der nicht hinreichenden Höhe warnen könnten.
Nach jeder Kollision muss die Brücke von einem Sachverständigen der Deutschen Bahn auf ihre Integrität überprüft werden.[3] Vergleichbare Vorfälle gibt es zahlreich auch am Nordenstiftsweg, die Brücke an der Wilhelmstraße ist aber am häufigsten betroffen.[3]
Präventionsmaßnahmen
Bis Anfang der 2010er war auch die Eisenbahnunterführung an der Alleestraße für solche Kollisionen bekannt, hier konnte durch eine Absenkung der Fahrbahn um 30 Zentimeter Abhilfe geschaffen werden. An der Wilhelmstraße ist eine Absenkung der Fahrbahn bzw. Erhöhung der Durchfahrtshöhe der Brücke aus baulichen Gründen unmöglich, da hier die Züge, die die beiden Widerlager der Brücke miteinander verbinden, unmittelbar unter der Fahrbahnoberfläche liegen.[4] Die Brücke durch eine neues Bauwerk zu ersetzen kommt wegen der Kosten und aus betriebsbedingten Gründen für die Deutsche Bahn offenbar nicht in Betracht, jedenfalls sind keinerlei Baumaßnahmen angekündigt.
Am 27. Februar 2018 wurden daher Warnsignale auf beiden Seiten installiert, die auf die verringerte Durchfahrtshöhe hinweisen. Diese wurden in Verbindung mit einer zusätzlichen Ausschilderung so installiert, dass ein Abbiegen für Lkw prinzipiell noch möglich ist. Zusätzlich wurden die Warntafeln, die bis dahin unmittelbar an der Brücke montiert waren und durch die Unfälle regelmäßig erheblich beschädigt wurden, an Ketten abgehängt (in der Berichterstattung des WA auch als „Galgen“ bezeichnet). Die Maßnahme kostete 4000 Euro.[5] Bis 2024 kam es dann zu keinen weiteren öffentlich dokumentierten Vorfällen, als sich gleich fünf weitere Unfälle ereigneten.[6]
Im Jahr 2025 berichtete der Westfälische Anzeiger über eine Anfrage der CDU-Fraktion in der Bezirksvertretung Mitte zum möglichen Einsatz eines Lidar-Systems, das die Maße herannahender Lkw ausmessen und bei Überschreitung der Höhenbegrenzung Alarm geben könnte. Die Stadtverwaltung teilte in ihrer Antwort mit, dass solche Systeme unter Umständen nicht zuverlässig seien und eine gute Beschilderung somit insgesamt effektiver sei. Schließlich würde das Warnsystem letztlich bloß Warnlichter aktivieren, die unter Umständen ebenso ignoriert würden. Nach Auffassung der Stadt würden Lkw-Fahrer offenbar annehmen, dass die tatsächliche Durchfahrtshöhe nicht korrekt angegeben wäre und es somit eine Toleranz gäbe.[1]
Unfälle nach Jahrzehnt
2020er
Belegbare Vorfälle: 6
Im Jahr 2024 kam es binnen einer Woche, erstmalig seit 2018, wieder zu gleich zwei Lkw-Kollisionen mit der Eisenbahnbrücke an der Kreuzung zum Schwarzen Weg. Im Jahresverlauf folgten gleich drei weitere Unfälle:
- 11. März: Ein vier Meter hoher Containertransporter kollidiert aus der Innenstadt kommend gegen 8:30 Uhr mit der Brücke. Der geladene, jedoch leere Überseecontainer stürzt halb auf die Straße und muss über mehrere Stunden mit einem Kran umgeladen werden. Gegen 14:00 Uhr ist die Aktion beendet. Für die Dauer der Bergung müssen zahlreiche Linienbusse umgeleitet werden.[6]
- 14. März: Unter Drogeneinfluss prallt der Fahrer eines Lkw gegen 14:20 Uhr mit seinem Aufbau gegen die Brücke. Dieser wird sichtbar beschädigt, die Brücke nur leicht. Die Polizei kann den Fahrer noch auf der Flucht stellen.[7]
- 7. Juni: Um 9:45 Uhr fährt sich ein Laster aus Aurich stadtauswärts bei der Einfahrt unter der Brücke fest. Der Verkehr kann zunächst beidseitig an der Unfallstelle vorbeigeleitet werden, für die Bergung müssen beide Fahrspuren jedoch kurzzeitig ab 11 Uhr gesperrt werden. Um 12:30 fließt der Verkehr wieder ungehindert.[8]
- 10. Juli: Ein viertes Mal in diesem Jahr fährt sich ein Lkw gegen 10:15 Uhr stadteinwärts auf der linken Fahrspur unter der Brücke fest. Der Fahrer bestellt selbstständig einen Abschlepper, ein Notfallmanager der Deutschen Bahn rückt ebenso aus. Gegen 12 Uhr fließt der Verkehr wieder ungehindert. Der Spediteur macht auf WA-Anfrage mangelhafte Ausschilderung für den Vorfall verantwortlich.[2]
- 11. Dezember: Zum fünften und letzten Mal in diesem Jahr kracht es an der Eisenbahnunterführung, als gegen 10:20 Uhr ein stadtauswärts fahrender Lkw mit der Brücke kollidiert. Der Auflieger sowie die Brücke werden beschädigt, der Fahrer erhält ein Verwarngeld.[9]
Das Jahr 2025 begann mit einem weiteren Unfall:
- 21. Januar: Um ca. 17 Uhr kollidiert ein 47-jähriger Mazedonier mit seinem Lastwagen, der Pfandkisten mit Mehrweg-Glasflaschen geladen hat, westwärts fahrend mit der Brücke. Dadurch bersten mehrere tausend Flaschen, deren Überreste von der Straße gekehrt werden müssen. Der Sattelzug muss anschließend von einem Bergungsunternehmen entfernt werden. Es kommt zu Voll- und Teilsperrungen der Wilhelmstraße bis 2 Uhr am Folgetag.[10]
2010er
Belegbare Vorfälle: 26
- 26. Oktober 2011: Ein nicht ortskundiger Lkw-Fahrer scheitert in Richtung Neue Bahnhofstraße fahrend gegen 18:14 Uhr bei der Einfahrt in die Unterführung an der Höhe seines Sattelzugs, kann aber zügig befreit werden. Die herbeigerufene Bundespolizei belegt den Fahrer mit einem Bußgeld.[11]
- 2012: Die Polizei registriert in diesem Jahr 14 Unfälle an den Eisenbahnbrücken Wilhelmstraße und Nordenstiftsweg, weil die Fahrer die Brückenhöhe falsch einschätzen. Dies geht aus einer Stellungnahme der Stadt auf eine entsprechende Anfrage der SPD-Ratsfraktion hervor. Davon entfallen zwölf (!) der Kollisionen auf die Brücke Wilhelmstraße.[12]
- 21. Januar 2013: Stadtauswärts auf der Neuen Bahnhofstraße Richtung Wilhelmstraße fahrend stößt ein Laster mit seinem Auflieger gegen die Eisenbahnbrücke. Der ortsunkundige, 35-jährige Fahrer hatte das Hinweisschild übersehen.[13]
- 19. März 2013: Um 09:15 Uhr will ein Laster aus dem Oder-Spree-Kreis stadtauswärts die Brücke passieren und scheitert. Er kann durch Rangieren zügig entfernt werden.[3][Anm. 1]
- 11. Juni 2013: Ein 28-jähriger ukrainischer Kraftfahrer versucht, seinen Sattelzug durch die Bahnunterführung an der Wilhelmstraße zu steuern, bleibt aber aufgrund der Höhe seines Aufliegers stecken. Trotzdem setzt er seine Fahrt „bewusst mittig“ fort und verursacht so erhebliche Schäden am Fahrzeug und der Infrastruktur, inklusive herabhängender, unter Spannung stehender Stromkabel und zerstörter Beleuchtung. Die Polizei hält ihn an, beschlagnahmt seinen Führerschein, zude und erhebt eine Sicherheitsleistung von 900 Euro. Der Gesamtschaden wird auf 10.000 Euro geschätzt. Die Wilhelmstraße muss für eine halbe Stunde gesperrt werden.[12]
- 8. Juli 2013: Von Westen kommend fährt sich ein mit Drahtrollen beladener Lkw unter der Brücke fest. Da sich der Laster verkeilt, dauert die Bergung von ca. 15:00 bis 16:25 Uhr. Ein Fahrstreifen Richtung Innenstadt muss für die Dauer der Bergung gesperrt werden. Der Fahrer gibt gegenüber dem WA an, sein Navigationsgerät habe ihm die Durchfahrt empfohlen.[14][Anm. 1]
- 3. September 2013: Der Auflieger eines 40-Tonners bleibt um 13:40 Uhr kurz nach der Einfahrt in die Unterführung stecken, die Polizei kann die Situation schnell auflösen.[15][Anm. 1]
- 27. August 2014: Ein Lkw, der um 15:30 Uhr vor die Brücke fährt und dabei Teile seines Auflegers verliert, beschädigt lediglich die Warnschilder an der Außenkante der Brücke. Geschätzter Schaden: 200 Euro an den Warnschildern. Der Fahrer flüchtet.[16]
- 6. Januar 2015: Gegen 17:15 Uhr verursacht ein Lkw-Führer 7.000 Euro Sachschaden, als er nach einem Unfall mit der Brücke von der Unfallstelle zu flüchten versucht. Der 57-Jährige Thüringer hatte mit seinem Truck einen der Brückenbögen touchiert und dabei sein Fahrzeug erheblich beschädigt, wollte aber offenbar nicht zur Verantwortung gezogen werden. Er kann später von der Polizei gestellt werden.[17][18]
- 9. Januar 2015: Gegen 09:30 Uhr bleibt der Fahrer eines in Richtung Westen fahrenden Lkw einer Hammer Firma mit seinem Fahrzeug unter der Brücke stecken. Er fährt noch 20 Meter weiter, obwohl er bereits mit dem Führerhaus vor die Brücke gestoßen war, und verkeilt sich dann. Am Fahrzeug entsteht erheblicher Sachschaden, an der Brücke nur geringer. Der Gesamtschaden wird auf 20.000 Euro geschätzt. Durch eine aufwändige Bergung kommt es bis 13:00 Uhr zu massiven Verkehrsbehinderungen, ein Verwarngeld wird verhängt.[19]
- 24. März 2015: Ein Sattelzug fährt sich gegen 13:15 Uhr unter der Brücke fest, als er diese stadtauswärts passieren will. Die Polizei kann die Situation rasch auflösen, sodass lediglich kurzzeitige Sperrungen nötig sind.[20]
- 11. Januar 2016: Gegen 10:15 Uhr fährt sich ein polnischer Lastwagen auf der Fahrt in Richtung Innenstadt unter der Brücke fest. Verkehrsprobleme in beide Richtungen sind die Folge. Erst nach eineinhalb Stunden kann der Sattelschlepper aus seiner Zwangslage befreit werden.[21] Der Fahrer wird mit einem Verwarngeld belegt.[22]
- 9. Januar 2017: Gegen 12:19 Uhr fährt sich abermals ein Lkw an der Unterführung fest, der Fahrer kann das Fahrzeug aber durch Rangieren ohne Hilfe befreien.[23]
Trivia
- In Amerika brachte es die „Durham-Bridge“ durch vergleichbare Unfälle auf ein respektables Publikum von (Stand 2024) 295.000 Abonnenten auf YouTube.
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Jörn Funke: Lastwagen bleiben unter Brücke hängen – Fahrer missachten Warnhinweise. In: wa.de vom 12. Juni 2025.
- ↑ 2,0 2,1 Markus Hanneken: Wieder Lkw an Bahnbrücke verkeilt - Kritik an Beschilderung. In: wa.de vom 10. Juli 2024.
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Markus Hanneken: Schon wieder! Lkw bleibt unter der Brücke stecken. In: wa.de vom 19. März 2013.
- ↑ Jürgen Menke: Mehr Platz für Lastwagen in Bahnunterführung. In: wa.de vom 15. Dezember 2010.
- ↑ Markus Hanneken: Blinkende Warnschilder sollen in Hamm Brücken-Crashs verhindern. In: wa.de vom 27. Februar 2018.
- ↑ 6,0 6,1 Max Lametz, Markus Hanneken: Wilhelmstraße nach Lkw-Crash stundenlang gesperrt. In: wa.de vom 11. März 2024.
- ↑ Wieder Brücken-Crash in Hamm - Benebelter Fahrer haut einfach ab [sic!]. In: wa.de vom 15. März 2024.
- ↑ Markus Hanneken: Wilhelmstraße: Lkw fährt sich unter Bahnbrücke fest. In: wa.de vom 7. Juni 2024.
- ↑ Lars Bredthauer: Lkw fährt sich an der Unterführung Wilhelmstraße fest – Straße wieder frei. In: wa.de vom 11. Dezember 2024.
- ↑ Max Lametz: Lkw bleibt an Eisenbahnbrücke Wilhelmstraße stecken – Massive Schäden und Straßensperrung. In: wa.de vom 21. Januar 2025.
- ↑ LKW scheitert an Unterführung der Wilhelmstraße. In: wa.de vom 27. Oktober 2011.
- ↑ 12,0 12,1 Jan Schmitz: Mit dem Bleifuß befreit. In: Westfälischer Anzeiger vom 13. Juni 2013, S. 17.
- ↑ Pressemeldung der Polizei Hamm vom 21. Januar 2013
- ↑ Navi sei dank: Lkw blieb an Eisenbahnbrücke stecken. In: wa.de vom 9. Juli 2013.
- ↑ Lkw bleibt hängen – diesmal an der Wilhelmstraße. In: wa.de vom 3. September 2013.
- ↑ Wilhelmstraße: Lkw bleibt in Unterführung stecken. In: wa.de vom 28. August 2014.
- ↑ Pressemeldung der Polizei Hamm vom 7. Januar 2015
- ↑ Wilhelmstraße: Brücke gerammt und abgehauen. In: wa.de vom 7. Januar 2015.
- ↑ Wieder Wilhelmstraße: Lkw steckte fest - Hoher Schaden. In: wa.de vom 9. Januar 2015.
- ↑ Wilhelmstraße nach LKW-Unfall wieder frei. In: wa.de vom 24. März 2015.
- ↑ Pressemeldung der Polizei Hamm vom 11. Januar 2016.
- ↑ Markus Hanneken: Lkw fährt sich an Bahnbrücke fest - Verwarnungsgeld für Fahrer. In: wa.de vom 11. Januar 2016.
- ↑ Jan Schmitz: Wieder fährt sich Lkw an Hammer Bahnunterführung fest. In: wa.de vom 9. Januar 2017.