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Eurobahn

Aus HammWiki
eurobahn im Dezember 2008

Die Eurobahn GmbH & Co. KG, Eigenschreibweise eurobahn, ist ein Unternehmen mit Sitz in Düsseldorf, das in Nordrhein-Westfalen und Niedersachen Leistungen im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) erbringt.

Das Unternehmen hat ca. 920 Mitarbeiter (Stand April 2020). Zu diesen werden mehr als 600 Triebfahrzeugführer und Kundenbetreuer gezählt. Die gesamte Verkehrsleistung umfasst 16,4 Millionen Zug-Kilometer (Stand 2025). Zahlreiche dieser Verkehre werden entweder von bzw. über Hamm gefahren oder die eingesetzten Züge werden im Eurobahn-Betriebswerk in Hamm-Heessen gewartet.

Die Eurobahn schreibt seit Jahren rote Zahlen. Seit 6. Mai 2025 ist die Eurobahn aus diesem Grund bis auf Weiteres eine Tochter des Zweckverbands Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL).

Geschichte

Seit der Liberalisierung des Eisenbahnmarktes in Deutschland bzw. Nordrhein-Westfalen werden Zugverbindungen nicht mehr automatisch von der ehemaligen Staatsbahn, der Deutschen Bahn, bedient, sondern durch die jeweiligen Verkehrsverbünde für einen festen Zeitraum und mit einer bestimmten Anzahl an täglichen Fahrten sowie bereitzustellenden Sitzplätzen ausgeschrieben. Hinzu können weitere Anforderungen an die eingesetzten Fahrzeuge kommen. Private Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) können sich auf diese Ausschreibungen mit ihren Angeboten bewerben, wobei das günstige Gesamtangebot für den jeweils ausgeschriebenen Zeitraum gewinnt und die entsprechenden Leistungen gegen Bezahlung durch die Verkehrsverbünde fährt.

Im Jahr 1998 wurde deshalb die Eurobahn Verkehrsgesellschaft mbH & Co KG mit Sitz in Wachenheim gegründet. Die Gesellschafter waren anfangs Via Générale de Transport et d'Industrie (Via GTI), ab 1999 ein Tochterunternehmen der SNCF, mit 60 % und Rhenus, die zum Rethmann-Konzern gehört, mit 40 %.

Die erste von der Eurobahn bediente Bahnstrecke war die im Jahr 1999 reaktivierte Donnersbergbahn von Alzey nach Kirchheimbolanden in Rheinland-Pfalz, wo der Betrieb am 30. Mai 1999 aufgenommen wurde. Im Jahr 2000 wurde mit dem Betrieb zwischen Bielefeld und Rahden bzw. Lemgo (Ravensberger Bahn und der Lipperländer) erstmals eine Strecke in Nordrhein-Westfalen betrieben.

Im November 2000 übernahm das Tochterunternehmen Freiberger Eisenbahngesellschaft mbH den Verkehr auf der Bahnstrecke Freiberg–Holzhau in Sachsen.

Aus der Eurobahn Verkehrsgesellschaft wurde im September 2001 die Rhenus Keolis mit Sitz in Mainz. Die Gesellschafter waren Rhenus mit 51 % und Keolis mit 49 %. In diesem Unternehmen wurden die Eisenbahnbetriebe Alzey, Bielefeld und Freiberg und die Busbetriebe in Bad Kreuznach und Zweibrücken zusammengeführt. Zum Start der Rhenus Keolis hatte das Unternehmen ca. 180 Mitarbeiter.

Die Gesellschafter Keolis und die Rhenus teilten das Unternehmen Anfang Dezember 2007 in die Keolis Deutschland GmbH & Co. KG, die den Betrieb um Bielefeld mit der Marke „Eurobahn“ übernahm, und Rhenus Veniro, das die anderen beiden Eisenbahnverkehrsunternehmen in Alzey und Freiberg sowie die Busbetriebe übernahm.

Expansion (2006–2016)

Unter der Regie von Keolis gewann die Eurobahn zunächst 2006 die Ausschreibung des „Hellweg-Netzes“ und fährt seit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2008 die Eisenbahnlinien RB 89 (Münster–Hamm–Paderborn), RB 69 (Münster–Hamm–Bielefeld), RB 59 (Dortmund–Unna–Soest) und RB 50 (Dortmund–Lünen–Münster). Es ist das größte elektrisch betriebene Bahnnetz, das bis dahin an ein privates Eisenbahnunternehmen vergeben worden war. Eingesetzt werden Fahrzeuge des Typs Flirt der Firma Stadler Rail. Auch die Folgeausschreibung (für den Zeitraum ab Dezember 2018) gewann die Eurobahn. Zur Wartung der Fahrzeuge errichtete die Firma in Hamm ihr neues Bahn-Betriebswerk.

Im März 2007 gewann die Eurobahn auch die Ausschreibung des „Maas-Rhein-Lippe-Netzes“ und betreibt seit Dezember 2009 für 16 Jahre zusätzlich auch die Linien RE 3 (Düsseldorf–Oberhausen–Dortmund-Hamm) und RE 13 (Venlo-Mönchengladbach-Düsseldorf-Hagen–Hamm).

Am 6. November 2014 wurde bekannt, dass die Eurobahn ab Dezember 2017 den SPNV auf dem sogenannten Teutoburger Wald-Netz von der Westfalenbahn und DB Regio für 15 Jahre übernimmt. Es umfasst die Linien RB 61 (Bielefeld–Hengelo über Osnabrück), RB 65 (Münster–Rheine), RB 66 (Münster–Osnabrück), RB 72 (Herford–Paderborn) und RE 78 (Bielefeld–Nienburg). Der Betrieb konnte planmäßig 10. Dezember 2017, nach einem zwischenzeitlich zurückgezogenen Protest des Mitbewerbers Westfalenbahn gegen die Vergabe, aufgenommen werden.

Zum 7. Juli 2016 gab der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr bekannt, dass Keolis das Teillos 1 der Ausschreibung des S-Bahnnetzes an Rhein und Ruhr gewonnen habe. So sollten die Linien S 1 und S 4 ab Dezember 2019 von der Eurobahn betrieben werden. Am 18. September 2019 wurde der Vertrag vom VRR jedoch gekündigt, da absehbar war, dass zum Vertragsbeginn nicht genügend Triebfahrzeugführer für einen zuverlässigen Betrieb zur Verfügung stehen würden. Nachdem Keolis zunächst rechtliche Schritte eingeleitet hatte, einigten sich VRR und Keolis im Dezember 2019 außergerichtlich. Keolis würde sich an einer neuen Ausschreibung nicht wieder beteiligen. Letztendlich gewann DB Regio die Ausschreibung bis 2031.

Seit Dezember 2016 stellte die Eurobahn laut eigener Auskunft im Auftrag von Thalys (heute Eurostar) die Triebfahrzeugführer für den Betrieb der innerdeutsche Strecke des Hochgeschwindigkeitszuges zwischen Dortmund, Köln und Aachen.[1]

Übernahme durch den NWL (2022–2025)

Im Oktober 2021 kündigte der Keolis-Mutterkonzern an, er wolle sich aus dem deutschen SPNV-Markt zurückziehen. Begründet wurde dies mit anhaltenden Verlusten. Zum 1. Januar 2022 wurde die Keolis Deutschland GmbH & Co. KG in eurobahn GmbH & Co. KG umbenannt, von Keolis mit 135 Millionen Euro an frischem Kapital ausgestattet[2] und an die Anwaltskanzlei Noerr übertragen.[3] Diese hielt die Anteile an der Eurobahn über ihre Tochtergesellschaft Team Treuhand, die in „Übergangsphasen“ die Gesellschafterstellung bei Unternehmen übernimmt. Ziel war es, einen privaten Investor zu finden. Bei dieser Suche blieb die Kanzlei bis zuletzt erfolglos.

Aufgrund gestiegener Energie-, Material- und Personalkosten stand die Eurobahn nach Medienberichten zwischenzeitlich vor der Insolvenz.[2] Wegen Personalmangels kam es bei der Eurobahn seit 2024 daneben vermehrt zu Zugausfällen. Seit April 2024 musste auf Teilen des Liniennetzes nach einem Notfahrplan gefahren werden.[4] Dieser Zustand dauerte bis ins zweite Halbjahr 2025 an. So mussten ab Anfang März 2025 Leistungen an die Firma TRI (Train Rental International GmbH) abgetreten werden, die mit alten n-Wagen aus den 1960ern (nicht barrierefrei) Leistungen der Eurobahn bediente.[2]

Am 19. Dezember 2024 bekundete der Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) erstmals offiziell seine Absicht, die finanziell angeschlagene Eurobahn für einen symbolischen Euro übernehmen zu wollen. Das Unternehmen konnte aufgrund von langfristigen Verträgen, in denen Leistungen und Vergütung festgeschrieben wurden, die gesteigerten Kosten bisher nicht an die Auftraggeber NWL und VRR weitergeben. Auch eine Anpassung vonseiten der Verbünde war wettbewerbsrechtlich ausgeschlossen. Durch die Übernahme durch den NWL selbst konnten die Verträge unter Einhaltung des Wettbewerbsrechts angepasst werden, so die Einschätzung von Juristen und Wirtschaftsprüfern des NWL. Dadurch soll die Eurobahn bis zum Auslaufen der letzten Verträge im Jahr 2032 den Betrieb wirtschaftlich aufrecht erhalten.[5] Die entsprechende Maßnahme beschloss die Verbandsversammlung am 30. Januar 2025.[6]

Am 6. Mai 2025 wurde der Kaufvertrag offiziell unterzeichnet. Eurobahn und NWL verkündeten in einer Pressemitteilung:[7]

„Mit der Übernahme der eurobahn durch den NWL, der temporär vorgesehen ist, streben sowohl das Eisenbahnverkehrsunternehmen als auch der Aufgabenträger die Stabilisierung des Betriebs und damit auch des Fahr-Angebots für die Fahrgäste an. Mit rund 12 Millionen Zugkilometern verzeichnet die eurobahn in Westfalen-Lippe 30 Prozent Marktanteil und ist mit rund 16,5 Millionen Zugkilometer der drittgrößte SPNV-Anbieter in Nordrhein-Westfalen. Durch den Eigentümerwechsel haben die fast 900 Mitarbeiter*innen der eurobahn eine konkrete Perspektive und das SPNV-Angebot in der Region kann sichergestellt werden.

Das operative Geschäft der eurobahn ist durch den Eigentümerwechsel nicht beeinflusst. Durch den Verkauf gibt es weder für die Fahrgäste noch für die Mitarbeiter*innen wesentlichen Veränderungen. Langfristig zielen eurobahn und NWL darauf ab, zum Regelfahrplan zurückzukehren.

[...] Der finalen Unterschrift geht ein langer Prozess voran: Bereits im vergangenen Jahr haben 19 Kreise und Kreisfreie Städte der vorübergehenden Übernahme der eurobahn zugestimmt. Anschließend erfolgte die Genehmigung durch die Bezirksregierung Arnsberg.“

Die Eurobahn wechselte für einen Euro den Besitzer. Der NWL plant, das Unternehmen bis zum Jahr 2027 wieder zu veräußern.[6] Durch Anwerbung oder Ausbildung neuer Lokführer, davon 47 im Jahr 2024, möchte die Eurobahn im Laufe des Jahres 2025 etappenweise zumindest auf einigen Linien zum Regelfahrplan zurückkehren: Ab 1. August auf dem RE3 (Hamm–Düsseldorf) und ab 25. August auf der RB89 (Münster–Hamm–Paderborn) und der RB67 (Münster–Rheda–Bielefeld).[8]

Aktuelle Strecken

Linie KBS Zuglauf Bedienungszeitraum
RE 3
Rhein-Emscher-Express
415, 416 Hamm – Dortmund – Gelsenkirchen – Duisburg – Düsseldorf Dez. 2009 – Dez. 2025
RE 13 485, 455 Hamm – Hagen – Wuppertal – Düsseldorf – Neuss – Mönchengladbach – Viersen – Venlo Dez. 2009 – Dez. 2025
RB 50
Der Lünener
411 Münster – Werne – Dortmund Dez. 2008 – Dez. 2018
Dez. 2018 – Dez. 2030
RB 59
Hellweg-Bahn
431 Dortmund – Holzwickede – Unna – Lünern – Werl – Westönnen – Soest Dez. 2008 – Dez. 2018
Dez. 2018 – Dez. 2030
RB 61
Wiehengebirgsbahn
370, 375, 386 Bielefeld – Osnabrück – Rheine – Bad Bentheim – Hengelo Dez. 2017 – Dez. 2032
RB 65
Ems-Bahn
410 Münster – Rheine Dez. 2017 – Dez. 2032
RB 66
Teuto-Bahn
385 Münster – Osnabrück Dez. 2017 – Dez. 2032
RB 67
Der Warendorfer
406 Münster – Warendorf – Beelen – Clarholz – Herzebrock – Rheda-Wiedenbrück – Bielefeld Dez. 2013 – Dez. 2025
RB 69
RB 89

Ems-Börde-Bahn
400, 410, 430 Münster – MS-Hiltrup – Rinkerode – Mersch – Bockum-Hövel – Hamm,
dort Zugteilung

Zugteil RB 69: Hamm – Oelde – Gütersloh – Bielefeld
Zugteil RB 89: Hamm – Soest – Lippstadt – Paderborn (– Warburg)
Dez. 2008 – Dez. 2018
Dez. 2018 – Dez. 2030
RB 71
Ravensberger Bahn
386 Rahden – Bünde – Bielefeld Dez. 2000 – Dez. 2013
Dez. 2013 – Dez. 2025
RB 72
Ostwestfalen-Bahn
405 Herford – Detmold – Altenbeken – Paderborn Dez. 2017 – Dez. 2032
RB 73
Der Lipperländer
404 Bielefeld – Oerlinghausen – Lage – Lemgo-Lüttfeld Dez. 2000 – Dez. 2013
Dez. 2013 – Dez. 2025
RE 78
Porta-Express
124, 400 Nienburg (Weser) – Minden – Bielefeld (– Rheda-Wiedenbrück) Dez. 2017 – Dez. 2032
RE 82
Der Leineweber
404, 405 Bielefeld – Lage – Detmold (– Altenbeken) Dez. 2013 – Dez. 2025

Standorte in Hamm

Betriebswerk

Die Eurobahn unterhält in Hamm-Heessen ein eigenes Bahn-Betriebswerk am Sachsenweg (nahe Obi). Es wurde 2008 zur Wartung der Elektrotriebwagen des Hellweg-Netzes und des Maas-Rhein-Lippe-Netzes in Betrieb genommen. An diesem Standort stehen vier Wartungsgleise sowie eine Waschanlage zur Verfügung.

Kundencenter

Das Kundencenter in Hamm befindet sich direkt gegenüber dem Westausgang des Hauptbahnhofs in der Unionstraße 3. Ein weiteres Kundencenter liegt am Hauptbahnhof Düsseldorf.

Trivia

  • Die Lippewelle-Moderatorin Colleen Sanders-Heusener lieh lange Jahren in den Zügen der RB 69/89 den voraufgezeichneten Ansagen (z. B. zum nächsten Halt) ihre Stimme. Seither wurde sie durch den Standard-Sprecher des Fahrzeugherstellers ersetzt.

Fotos

Presseberichte

Zum Artikel gibt es eine Sonderseite mit Presseberichten.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Über uns. In: eurobahn.de, zul. abgerufen am 1. Juli 2025.
  2. 2,0 2,1 2,2 Jörn Funke: Um den Regionalverkehr zu retten: Nostalgie-Züge ersetzen Eurobahn-Triebwagen. In: wa.de vom 9. März 2025.
  3. Pressemitteilung der Eurobahn vom 7. Januar 2022, zul. abgerufen am 19. Januar 2022. In: eurobahn.de
  4. Jörn Funke, Annika Wilk: NWL prüft Übernahme der Eurobahn. In: wa.de vom 10. Mai 2024.
  5. Jörn Funke: Ein Zugunternehmen für 1 Euro: Verkehrsverbund will Eurobahn übernehmen. In: wa.de vom 20. Dezember 2024.
  6. 6,0 6,1 Jörn Funke: Für einen Euro: NWL übernimmt Eurobahn zur Rettung des Nahverkehrs. In: wa.de vom 30. Januar 2025.
  7. Eigentümerwechsel: eurobahn jetzt offiziell unter NWL. Pressemitteilung der Eurobahn vom 6. Mai 2025, zul. abgerufen am 30. Juni 2025. In: eurobahn.de.
  8. Jörn Funke: Wie die Eurobahn aus der Krise kommen will. In: wa.de vom 29. Mai 2025.

Quelle (in Teilen)

         Quelle für diesen Artikel: de.wikipedia.org
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