Amoklauf an der Hochschule Hamm-Lippstadt: Unterschied zwischen den Versionen
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Der Amoklauf an der [[Hochschule | Der '''Amoklauf an der [[Hochschule Hamm-Lippstadt]]''' (HSHL) ereignete sich am [[10. Juni]] [[2022]] und forderte ein Todesopfer. Der unter Verfolgungswahn leidende Täter, Markus R. (34), stach mit zwei Küchenmessern in den Fluren und später in einem Hörsaal auf insgesamt vier Zufallsopfer ein. Eine 30-Jährige Dozentin der HSHL verstarb kurz darauf im Krankenhaus an den Folgen des Angriffs. R. wurde noch am Tatort verhaftet und [[2023]] nach einem Sicherungsverfahren vor dem Dortmunder Schwurgericht auf unbestimmte Zeit in einer forensischen Psychiatrie untergebracht. | ||
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== Tathergang == | == Tathergang == | ||
[[Datei:Beamte vom SEK durchsuchten den Campus nach dem Tathergang.jpg|mini|rechts|Beamte eines Sondereinsatzkommandos durchsuchten nach dem Tathergang den kompletten Campus]] | [[Datei:Beamte vom SEK durchsuchten den Campus nach dem Tathergang.jpg|mini|rechts|Beamte eines Sondereinsatzkommandos durchsuchten nach dem Tathergang den kompletten Campus]] | ||
Der Amoklauf begann kurz vor 15:30 Uhr in den Gebäuden der HSHL an der [[Marker Allee]]. Erste Notrufe gingen gegen 15:29 Uhr bei der [[Polizei]] ein. Parallel wurde die [[Feuerwehr]] durch Betätigung eines Brandmeldeknopfs zur HSHL gerufen. Bereits drei Minuten später waren erste Polizeibeamte vor Ort. | Der Amoklauf begann kurz vor 15:30 Uhr in den Gebäuden der HSHL an der [[Marker Allee]]. Erste Notrufe gingen gegen 15:29 Uhr bei der [[Polizei]] ein. Parallel wurde die [[Feuerwehr]] durch Betätigung eines Brandmeldeknopfs zur HSHL gerufen. Bereits drei Minuten später waren erste Polizeibeamte vor Ort. | ||
Markus R. | Markus R. attackierte zunächst eine im Foyer sitzende Frau (22), indem er ihr Hiebe in den Hals und in die Wange versetzte. Dabei befand sich die Schutzhülle noch über dem Messer. Diese nahm er danach ab und verletzte die Frau abermals an der Wange. Im Anschluss griff der Täter einen ebenfalls im Foyer befindlichen Mann (22) an. Dieser konnte der Attacke weitgehend ausweichen, erlitt allerdings eine Schnittwunde am Hals. Anschließend ging R. in Richtung einer Sitzgruppe und stach dort einer weiteren Frau (22) insgesamt achtmal in den Bauch. Schließlich betrat der Amokläufer den Hörsaal „Hamm 2“, in dem gerade eine Veranstaltung im Gange war, und stach einer in der vierten Reihe sitzende Frau (30), die als Lehrbeauftragte der HSHL anwesend war, mehrmals in die Brust.<ref name="WA_de_06-10"/> Ein Stich traf die Lungenschlagader.<ref name="WAde-23-01-06"/> Dabei sagte er: „Jetzt ist Schluss! Jetzt bist Du dran!“<ref name="WA_de_06-14"/> Hiermit spielte R. auf die vermeintliche systematische Verfolgung seiner Person an, die er durch seine Tat beenden wollte. | ||
Noch im Hörsaal gelang es dann anwesenden Studenten, den Angreifer bis zum Eintreffen der Polizei festzuhalten.<ref name="WA_de_06-10" /> Die Festnahme von Markus R. erfolgte um 15:35 Uhr.<ref name="PK-06-11" /> | Noch im Hörsaal gelang es dann anwesenden Studenten, den Angreifer bis zum Eintreffen der Polizei festzuhalten.<ref name="WA_de_06-10" /> Die Festnahme von Markus R. erfolgte um 15:35 Uhr.<ref name="PK-06-11" /> Die Hochschul-Mitarbeiterin wurde durch den Angriff lebensgefährlich verletzt und mit einem Rettungshubschrauber in das Universitätsklinikum Münster geflogen.<ref name="WA_de_06-10">Tobias Lawatzki, Simon Stock, Frank Osiewacz, Sarah Hanke, Markus Hanneken, Daniel Großert: [https://www.wa.de/nordrhein-westfalen/hamm-messerattacke-angriff-hshl-amok-taeter-opfer-lebensgefahr-hochschule-lippstadt-verletzte-polizei-91603525.html ''Amoklauf an HSHL: 30-Jährige stirbt nach Attacke im Krankenhaus - Täter in Psychiatrie'']. In: wa.de vom 10.–12. Juni 2022.</ref> | ||
Nach der Tat mussten etwaige Augenzeugen bis in den Abend für Befragungen auf dem Campus verbleiben.<ref name="WA_de_06-13" /> Beamte durchsuchten sämtliche Räume des gesamten Gebäudes nach möglichen Komplizen und Spuren. Die Spurensicherung Dortmund | Nach der Tat mussten etwaige Augenzeugen bis in den Abend für Befragungen auf dem Campus verbleiben.<ref name="WA_de_06-13" /> Beamte durchsuchten sämtliche Räume des gesamten Gebäudes nach möglichen Komplizen und Spuren. Die Spurensicherung Dortmund war unterstützend tätig.<ref name="PK-06-11" /> Parallel fand eine Betreuung der Opfer durch Notfallseelsorger statt. | ||
Markus R. wurde nach seiner Festnahme in ein psychiatrisches Krankenhaus außerhalb von Hamm gebracht. | Markus R. wurde nach seiner Festnahme in ein psychiatrisches Krankenhaus außerhalb von Hamm gebracht. | ||
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===12. Juni=== | ===12. Juni=== | ||
Der 22- | Der 22-jährige Student, der dem Angriff teilweise ausweichen konnte, verließ die Klinik bereits wieder zum [[13. Juni]].<ref name="WA_de_06-13" /> Die beiden 22-jährigen Studentinnen befanden sich nicht in Lebensgefahr, jedoch musste eine von ihnen notoperiert und intensivmedizinisch behandelt werden. | ||
=== 13. Juni === | === 13. Juni === | ||
Offenbar inspiriert durch den Amoklauf an der HSHL erging nach Berichten des WA am Nachmittag des 13. Juni eine Amokdrohung gegen eine nicht namentlich genannte Hammer Schule. Der männliche Anrufer drohte damit, „Messermänner“ zu schicken und „alle“ umbringen lassen zu wollen. Da niemand mehr in der Schule anwesend war, wurde die Nachricht auf den Anrufbeantworter gesprochen. Die Polizei ergriff vorsorglich Schutzmaßnahmen.<ref>[https://www.wa.de/hamm/drei-tage-nach-amoktat-an-hshl-hochschule-in-hamm-anrufer-droht-schule-91616567.html | Offenbar inspiriert durch den Amoklauf an der HSHL erging nach Berichten des WA am Nachmittag des 13. Juni eine Amokdrohung gegen eine nicht namentlich genannte Hammer Schule. Der männliche Anrufer drohte damit, „Messermänner“ zu schicken und „alle“ umbringen lassen zu wollen. Da niemand mehr in der Schule anwesend war, wurde die Nachricht auf den Anrufbeantworter gesprochen. Die Polizei ergriff vorsorglich Schutzmaßnahmen.<ref>Frank Lahme: [https://www.wa.de/hamm/drei-tage-nach-amoktat-an-hshl-hochschule-in-hamm-anrufer-droht-schule-91616567.html ''Amok-Drohung an Hammer Schule: „Werde alle umbringen lassen“'']. In: wa.de vom 17. Juni 2022.</ref> | ||
===14. Juni=== | ===14. Juni=== | ||
Die an der Wange verletzte 22-jährige Studentin war zum [[14. Juni]] ebenfalls aus dem Krankenhaus entlassen. Die zweite Studentin im selben Alter war mittlerweile von der Intensivstation auf eine normale Station verlegt worden.<ref>[https://www.lippewelle.de/artikel/messerattacke-in-hamm-wuest-bei-gedenkveranstaltung-1337482.html | Die an der Wange verletzte 22-jährige Studentin war zum [[14. Juni]] ebenfalls aus dem Krankenhaus entlassen. Die zweite Studentin im selben Alter war mittlerweile von der Intensivstation auf eine normale Station verlegt worden. Der genaue Zeitpunkt ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus wurde nicht bekannt.<ref>[https://www.lippewelle.de/artikel/messerattacke-in-hamm-wuest-bei-gedenkveranstaltung-1337482.html ''Messerattacke in Hamm: 250 Menschen bei Gedenk-Gottesdienst'']. In: lippewelle.de vom 14. Juni 2022.</ref> | ||
== Täter == | |||
Markus R., der Täter, war seinerzeit 34 Jahre alt und in Hamm Student der Wirtschaftspsychologie. Er stammte ursprünglich aus Telgte<ref name="WA_de_06-13">Frank Lahme, Cedric Sporkert: [https://www.wa.de/nordrhein-westfalen/amoktat-an-hshl-hamm-waffen-von-taeter-erst-kurz-vor-bluttat-gekauft-so-geht-es-opfern-91608032.html ''Amoktat in Hamm: Messer erst kurz vorher gekauft - So geht es den Opfern''] In: wa.de vom 13. Juni 2022.</ref> und lebte zum Zeitpunkt der Tat in einem Studentenwohnheim gegenüber der Hochschule. | |||
R. litt unter einer paranoiden Schizophrenie,<ref name="WAde-23-01-06"/> die umgangssprachlich auch „Verfolgungswahn“ genannt wird. So glaubte er, dass ein „Clan“ ihn systematisch verfolge. Von diesem soll er – nach seinem Glauben – auch abgehört und gefilmt worden sein. Man habe ihm, so seine Überzeugung, nach dem Leben getrachtet. Auch seine Opfer sowie weitere Personen im Umfeld der HSHL gehörten seiner Auffassung nach zu dieser Gruppierung.<ref name="WAde-2022-07-18">Deutsche Presse-Agentur (dpa): [https://www.wa.de/nordrhein-westfalen/messerangriff-an-hochschule-hshl-in-hamm-schizophrener-taeter-wollte-toeten-91673386.html ''Messerangriff an HSHL: Schizophrener Täter wollte „Clan-Mitglieder“ töten'']. Via: wa.de vom 18. Juli 2022.</ref> R. sprach auch bei Gericht davon, dass er weiterhin verfolgt werde. | |||
<!-- R. soll vor der Tat versucht haben, sich an einer Mauer am Kopf selbst zu verletzen. Er wurde in die psychiatrische Abteilung des [[Marienhospital]]s eingewiesen und nach mehrfacher Untersuchung durch Therapeuten und Ärzte am Tattag regulär entlassen.<ref>[https://www.wa.de/hamm/amoklauf-an-der-hshl-hochschule-hamm-vermeidbar-quaelende-fragen-und-suche-antworten-polizei-marienhospital-psychiatrie-91615109.html Wa.de vom 17. Juni 2022]</ref> | |||
Der Polizei Hamm war er bekannt, da er im April 2022 Anzeige gegen seine Verfolger stellen wollte, wobei sich herausstellte, dass diese Anschuldigungen | AUSKOMMENTIERT – Widerspricht der Darstellung nach Wa.de vom 06.01.2023, wonach er in der Psychiatrie war, weil er durch Tabletteneinnahme Suizid begehen wollte.--> | ||
Der Polizei Hamm war er bekannt, da er im April 2022 Anzeige gegen seine vermeintlichen Verfolger stellen wollte, wobei sich herausstellte, dass diese Anschuldigungen keinen Bezug zur Realität hatten.<ref name="PK-06-11">Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft Dortmund am 11. Juni um 15:00</ref> Er habe den Ermittlern zufolge selbst erkannt, dass seine Schilderungen „nur schwer nachvollziehbar sind“, und angegeben, in psychotherapeutischer Behandlung wegen Angst- und Zwangsstörungen zu sein.<ref name="WAde-2022-07-18"/> | |||
R. | Am Tag vor der Tat soll R. aus Verzweiflung einen Suizidversuch mit Tabletten unternommen haben. Wenige Stunden vor der Tat verließ er die Psychiatrie nach eigenmächtiger Entlassung in Badeschlappen, kaufte dann in der Innenstadt Schuhe<ref name="WAde-23-01-06">Jörn Hartwich: [https://www.wa.de/nordrhein-westfalen/amok-tat-an-der-hshl-urteil-gefallen-92013639.html ''Bluttat an der HSHL: Amokläufer kommt in die geschlossene Psychiatrie'']. In: wa.de vom 6. Januar 2023.</ref> und bei [[Woolworth]] die späteren Tatwaffen – zwei Küchenmesser.<ref name="WA_de_06-14">[https://www.wa.de/nordrhein-westfalen/amoktat-an-hshl-in-hamm-waffenverkaeufer-hatte-komisches-gefuehl-91610669.html ''Amoktat in Hamm: Waffenverkäufer hatte „komisches Gefühl“''] In: wa.de vom 14. Juni 2022.</ref> Bei einem Fachhandel für Waffen hatte man ihn hingegen scheinbar kurz zuvor abgewiesen, da man ihn für suspekt hielt.<ref name="WA_de_06-13" /><ref name="WA_de_06-14" /> | ||
Markus R. bekannte sich bereits vor dem Haftrichter<ref>[https://web.archive.org/web/20220610152957/https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/verletzte-bei-messerangriff-in-hamm-100.html ''Mehrere Verletzte nach Messerangriff in Hamm'']. In: wdr.de vom 12. Juni 2022 [Memento im Internet Archive].</ref> und anschließend auch bei Gericht zur Tat. Die Ermittler gingen bereits nach einem vorläufigen psychiatrischen Gutachten davon aus, dass der Student bei der Tat schuldunfähig oder vermindert schuldfähig gewesen ist. Dieser Auffassung schlossen sich die Anklagevertretung und das Gericht auf Basis weiterer psychologischer Gutachten an.<ref name="WAde-23-01-06"/> | |||
Eine Heilung des Täters gilt als unwahrscheinlich. Nach Berichten des WA zeigt eine medikamentöse Behandlung seiner Wahnvorstellungen bislang keinen Erfolg.<ref name="WAde-23-01-06"/> | |||
== Reaktionen == | == Reaktionen == | ||
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Rund 100 Studenten, Lehrende und andere Hochschulangehörige kamen zum Campus, um sich auszutauschen und innezuhalten. Direkt vor dem Eingang des Gebäudes waren Blumen und Kerzen abgelegt – genauso wie am Zugang zum Hochschulgelände. Trauerflor ergänzte die Flaggen. Ein Kondolenzbuch wurde ausgelegt. | Rund 100 Studenten, Lehrende und andere Hochschulangehörige kamen zum Campus, um sich auszutauschen und innezuhalten. Direkt vor dem Eingang des Gebäudes waren Blumen und Kerzen abgelegt – genauso wie am Zugang zum Hochschulgelände. Trauerflor ergänzte die Flaggen. Ein Kondolenzbuch wurde ausgelegt. | ||
Ein ökumenischer Trauergottesdienst fand am [[15. Juni]] um 18:00 Uhr in der [[Pauluskirche]] statt.<ref name="WA_de_06-13" /> Pfarrerin Astrid Taudien leitete den Gottesdienst, Oberbürgermeister Marc Herter sprach die Fürbitten.<ref>[https://www.wz.de/nrw/abschied-und-tiefe-trauer-gedenken-an-die-opfer_aid-71419051 Westdeutsche Zeitung/wz.de vom 15. Juni 2022]</ref> | Ein ökumenischer Trauergottesdienst fand am [[15. Juni]] um 18:00 Uhr in der [[Pauluskirche]] statt.<ref name="WA_de_06-13" /> Pfarrerin Astrid Taudien leitete den Gottesdienst, Oberbürgermeister Marc Herter sprach die Fürbitten.<ref>Yuriko Wahl-Immel (dpa): [https://www.wz.de/nrw/abschied-und-tiefe-trauer-gedenken-an-die-opfer_aid-71419051 ''Abschied und tiefe Trauer: Gedenken an die Opfer''] In: Westdeutsche Zeitung/wz.de vom 15. Juni 2022 [Memento im Internet Archive].</ref> | ||
===Aussetzung der Vorlesungen in Hamm und Lippstadt=== | ===Aussetzung der Vorlesungen in Hamm und Lippstadt=== | ||
Am 13. Juni wurde durch das Präsidium der HSHL entschieden, den regulären Lehrbetrieb bis zum Beginn des Prüfungszeitraums am [[27. Juni]] an beiden Campus in Hamm und Lippstadt auszusetzen. Jedoch waren beide Campus nicht geschlossen, sondern unter Anwesenheit des Präsidiums, der Lehrenden und von Notfallseelsorgenden für individuelle Gesprächsangebote geöffnet. | Am 13. Juni wurde durch das Präsidium der HSHL entschieden, den regulären Lehrbetrieb bis zum Beginn des Prüfungszeitraums am [[27. Juni]] an beiden Campus in Hamm und Lippstadt auszusetzen. Jedoch waren beide Campus nicht geschlossen, sondern unter Anwesenheit des Präsidiums, der Lehrenden und von Notfallseelsorgenden für individuelle Gesprächsangebote geöffnet. Studenten sollten bei den Prüfungen ab dem 27. Juni einen sogenannten [https://de.wikipedia.org/wiki/Freiversuch Freiversuch] erhalten. | ||
==== Petition der Studenten ==== | ==== Petition der Studenten ==== | ||
Seit dem 14. Juni sammelten Studenten Unterschriften für eine Petition, der zufolge die Prüfungen aufgrund des Amoklaufs online stattfinden sollten. Zum 18. Juni hatte sie 395 Unterstützer. Die Hochschulpräsidentin lehnte das Ansinnen im Gespräch mit dem [[WA]] auch mit dem Argument ab, dass die Abschlussprüfungen (wie immer) in der [[Westpress Arena|Westpress-Arena]] stattfinden würden. An dem Tatort, dem Hörsaal „Hamm 2“, müsse niemand vorbeilaufen. Für Augenzeugen des Amoklaufs könne es gleichwohl besondere Vereinbarungen geben.<ref>[https://www.wa.de/hamm/nach-amoklauf-so-geht-es-an-der-hshl-jetzt-weiter-studenten-starten-petition-91617541.html | Seit dem 14. Juni sammelten Studenten Unterschriften für eine Petition, der zufolge die Prüfungen aufgrund des Amoklaufs online stattfinden sollten. Zum 18. Juni hatte sie 395 Unterstützer. Die Hochschulpräsidentin lehnte das Ansinnen im Gespräch mit dem [[WA]] auch mit dem Argument ab, dass die Abschlussprüfungen (wie immer) in der [[Westpress Arena|Westpress-Arena]] stattfinden würden. An dem Tatort, dem Hörsaal „Hamm 2“, müsse niemand vorbeilaufen. Für Augenzeugen des Amoklaufs könne es gleichwohl besondere Vereinbarungen geben.<ref>Cedric Sporkert: [https://www.wa.de/hamm/nach-amoklauf-so-geht-es-an-der-hshl-jetzt-weiter-studenten-starten-petition-91617541.html ''Nach Amoklauf: So geht es an der HSHL jetzt weiter - Studenten starten Petition'']. In: wa.de vom 18. Juni 2022.</ref> Wenig später wurde bekannt, dass die Petition an das Hochschul-Präsidium nicht herangetragen wurde und auch nicht mehr im Internet zu finden war.<ref>Cedric Sporkert: [https://www.wa.de/hamm/hamm-mitte-ort370531/nach-amoktat-an-der-hshl-in-hamm-hat-die-pruefungsphase-begonnen-91646514.html ''Nach Amoktat: An der HSHL läuft die Prüfungsphase'']. In: wa.de vom 4. Juli 2022.</ref> | ||
=== Besuch des Innenministers === | === Besuch des Innenministers === | ||
Knapp drei Monate nach der Tat kam am 15. September NRW-Innenminister Herbert Reul nach Hamm, um sich in der Hochschule mit Verletzten des Amoklaufs und jenen Studenten, die den Angreifer überwältigt hatten, zu treffen. Anschließend traf er im Polizeipräsidium auch die Einsatzkräfte jenes Tages. Reul lobte die Zivilcourage der Studenten, die eingeschritten waren, und äußerte Sorge darüber, dass scheinbar immer mehr psychisch Kranke gewalttätig würden.<ref>[https://www.wa.de/hamm/hamm-nrw-innenminister-herbert-reul-opfer-hshl-amoktat-psychisch-kranke-taeter-groessten-probleme-91790901.html | Knapp drei Monate nach der Tat kam am 15. September NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) nach Hamm, um sich in der Hochschule mit Verletzten des Amoklaufs und jenen Studenten, die den Angreifer überwältigt hatten, zu treffen. Anschließend traf er im Polizeipräsidium auch die Einsatzkräfte jenes Tages. Reul lobte die Zivilcourage der Studenten, die eingeschritten waren, und äußerte Sorge darüber, dass scheinbar immer mehr psychisch Kranke gewalttätig würden.<ref>Cedric Sporkert: [https://www.wa.de/hamm/hamm-nrw-innenminister-herbert-reul-opfer-hshl-amoktat-psychisch-kranke-taeter-groessten-probleme-91790901.html ''HSHL-Amoktat: Reul nach Gesprächen mit Opfern tief beeindruckt'']. In: wa.de vom 15. September 2022.</ref> | ||
== Juristische Aufarbeitung == | |||
[[Datei:Amoklauf an der HSHL - Markus R. Angeklagter.jpg|mini|rechts|Der Angeklagte Markus R. neben seiner Verteidigerin]] | |||
Aufgrund der psychischen Verfassung des Beschuldigten strebte die Staatsanwaltschaft Dortmund keinen normalen Strafprozess an, sondern die unmittelbare und dauerhafte Unterbringung und Therapie des Beschuldigten in einer psychiatrischen Klinik. Im September 2022 beantragte sie deshalb beim Dortmunder Schwurgericht die Durchführung eines „Sicherungsverfahrens“, bei dessen Anwendung Straftäter ohne Strafverfahren langfristig in einer entsprechenden Klinik untergebracht werden können.<ref>Frank Lahme: [https://www.wa.de/hamm/hamm-mitte-ort370531/hshl-hamm-amok-taeter-kein-mordprozess-messer-staatsanwaltschaft-psychisch-krank-tote-forensik-91792162.html ''HSHL: Mutmaßlichem Amoktäter wird wohl kein Mordprozess gemacht'']. In: wa.de vom 16. September 2022.</ref> | |||
Das Verfahren gegen Markus R. begann am 8. Dezember 2022 vor dem Dortmunder Schwurgericht. Es waren zunächst acht Sitzungstermine angesetzt. Anwendung fand das von der Staatsanwaltschaft beantragte Sicherungsverfahren mit dem Ziel der dauerhaften Unterbringung in einer forensisch-psychiatrischen Klinik. | |||
R. schwieg auf Anraten der Verteidigung zunächst, räumte die Tat am 14. Dezember bei Gericht schließlich ein und äußerte auch sein Bedauern. Er bekräftigte, dass sein Motiv darin bestanden habe, Rache an einem „Clan“ nehmen zu wollen, von dem er sich verfolgt gefühlt habe und der ihn abgehört und gefilmt haben soll. Dieser „Clan“ soll nach seiner Auffassung auch in der psychiatrischen Klinik gewirkt haben, in der er sich kurz vor der Tat befand, weshalb er sich selbst entlassen habe. Auf die Nachfrage der Staatsanwältin, ob er noch heute an die Existenz dieses „Clans“ glaube, antwortete er: „Auf jeden Fall“.<ref>Martin von Braunschweig: [https://www.wa.de/hamm/hshl-amoklauf-hamm-angreifer-spricht-vor-gericht-wollte-rache-91975810.html ''HSHL-Amoklauf: Jetzt spricht der Angreifer – „Wollte Rache“'']. In: wa.de vom 14. Dezember 2022.</ref> | |||
Am [[6. Januar]] [[2023]] wurde Markus R. vom Dortmunder Schwurgericht für schuldunfähig befunden. Das Gericht wertete die Taten als Totschlag und gefährliche Körperverletzung, sprach jedoch aufgrund der Schuldunfähigkeit keine Haftstrafe aus. Zum Schutz der Allgemeinheit ist R. aufgrund des Beschlusses des Gerichts auf unbestimmte Zeit weiter in der forensischen Psychiatrie untergebracht.<ref name="WAde-23-01-06">Jörn Hartwich: [https://www.wa.de/nordrhein-westfalen/amok-tat-an-der-hshl-urteil-gefallen-92013639.html ''Bluttat an der HSHL: Amokläufer kommt in die geschlossene Psychiatrie'']. In: wa.de vom 6. Januar 2023.</ref> Nur im Fall einer vollständigen Heilung könnte R. entlassen werden. | |||
== Öffentliche Aufarbeitung == | |||
* In einer kleinen Anfrage an die Bundesregierung vom 27. Juni 2022 fragte die Fraktion ''Die Linke'' unter anderem, ob der Täter Verbindungen ins rechtsextreme Milieu habe und ob bei ihm Sprengstoffe sichergestellt wurden. Der Bundesregierung lagen hierzu keinerlei Erkenntnisse vor.<ref>[https://dip.bundestag.de/vorgang/erkenntnisse-der-bundesregierung-über-einen-mutmaßlichen-amoklauf-an-der-hochschule/288994?f.deskriptor=Waffenbesitz&rows=25&pos=24&ctx=d ''Erkenntnisse der Bundesregierung über einen mutmaßlichen Amoklauf an der Hochschule in Hamm-Lippstadt'']. [= BT-Drucksache 20/2478 (Anfrage) und BT-Drucksache 20/2756 (Antwort)]. In: Bundestag.de, ID 288994.</ref> | |||
* In einem [https://www.hshl.de/hochschule-hamm-lippstadt/news-presse-blog-podcast/uebersicht/podcast-jahresgedenken-10-06/ Podcast vom 12. Juni 2023 (hshl.de)] sprachen die damalige Hochschul-Präsidentin Prof. Dr.-Ing. Kira Kastell und Kanzlerin Sandra Schlösser ein Jahr nach der Tat über den Amoklauf. | |||
== Presseberichte == | == Presseberichte == | ||
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[[Kategorie:Kriminalfälle]] | [[Kategorie:Kriminalfälle]] | ||
[[Kategorie:2022]] | [[Kategorie:2022]] | ||
[[Kategorie:Uentrop]] |